An einem herrlichen Sommertag stehe ich auf dem Hochfelln und jodele einen Gruß an die Mannsbilder vor uns. „Halts Maul“ ist ihre Antwort, die jedoch nicht auf meine Jodelkünste zurückzuführen ist, sondern Teil unseres dreistimmigen Volksliedes ist. Ich hätte nie gedacht, dass singen und insbesondere jodeln an der frischen Luft so unglaublich glücklich macht. Diese Erkenntnis erfuhr ich bei einem Jodelseminar im Chiemgau.
Mit fünfzig ist Josef Ecker Jodeltrainer geworden und wie er so gut gelaunt vor mir steht in seiner Lederhosen und mit seinem Akkordeon glaube ich, das ist der beste Job der Welt.
Es war mehr die Neugierde als das Interesse an volkstümlicher Musik und Jodeln, die mich dazu bewegt hat das Jodelseminar zu besuchen. Wir machen uns erstmal locker und singen uns ein. Wie damals im Musikunterricht, nur viel lustiger. Vielleicht weil man das Jodelseminar freiwillig besucht, vielleicht auch weil der Panoramablick beim Singen fantastisch ist.
Wie es sich gehört bringt uns Josef erst einmal einen Begrüßungsjodler bei und erzählt uns etwas zum Hintergrund des Jodelns. In einer Zeit, wo es weder Mobiltelefone noch Musikantenstadl gab, nutze man das Jodeln in den Bergen zur Kommunikation. So konnten die Hirten am Gipfel beispielsweise mit einem Jodler den Menschen auf der Alm ihre baldige Ankunft mitteilen. Jodeln ist Singen ohne Text, bei dem Silben aneinandergereiht werden zu Zeilen wie „Holarä Holarä Holaridiridijä“ im Glockenjodler. Und so hört sich der Glockenjodler an, wenn Jodelanfänger im Jodelseminar ihr Bestes geben:
Nachdem wir einige Jodler und Lieder gelernt und geübt haben, verschieben wir unseren Standort in die Hochfellnkapelle. Dort wird es nochmal schweißtreibend, da uns Josef nicht nur jodeln, sondern auch klatschen und mit den Beinen Stampfen lässt. Ein Jodelseminar darf man gerne als Aktivtraining bezeichnen. Mit dem Andachtsjodler beenden wir den ersten Teil unseres Jodeltrainings und dürfen zur Mittagspause endlich zum Hochfellnhaus.
Nach der Pause wandern wir zur Bründling-Alm. Die Kombination aus Singen und Bewegung gefällt mir sehr gut, auch wenn die Aussicht bei weitem nicht mehr so gut wie auf dem Hochfelln selbst ist. Wir bauen uns im Schatten des Holzschuppens auf und wiederholen, was wir vor der Mittagspause gelernt haben. Die Gäste der Alm schauen zu uns, ich kann nicht erkennen, ob sie genervt oder erfreut von uns sind.
Und dann endlich kommt der Moment, auf den wir alle gewartet haben. Die feierliche Verleihung des Jodeldiploms. Ich bin etwas nervös ob ich es wirklich geschafft habe. Total bescheuert, denke ich. Schließlich bekommen wir alle ein Diplom. Tja, von wegen. Josef hat leider zu wenig Diplome dabei und natürlich fehlt ausgerechnet meins. Später bekomme ich mein Jodeldiplom mit der Post. Ich habe es mir übrigens nicht eingerahmt ins Wohnzimmer gehängt.
Ein Jodelseminar hat nichts mit der Jodelschule von Loriot gemeinsam. Es ist vielmehr ein Kulturgenuss zum Mitmachen in der Natur, dass ungelogen sauglücklich macht. Weitere Informationen zum Jodelseminar findest du auf der Website www.jodelseminar.de.
—
Dieser Artikel ist mein Beitrag zur Blogparade „#OutdoorKultur – Mein Outdoor-Kulturtipp“ von KulturNatur.
Kannst du jodeln oder hast es mal ausprobiert? Wie hat es dir gefallen? Oder hast du andere #OutdoorKultur-Tipps für mich. Ich freue mich über deine Kommentare.
Liebe Sonya,
„Jodelseminar“ – wer denkt da nicht sofort an Loriot? Wie wahr! :)
Danke für diesen Beitrag samt Hörprobe.
Was mich ja interessieren würde: Gab’s auch Männer beim Jodelseminar oder ist das eher ’n „Frauending“?
Liebe Grüße, Nadine
Jodeln ist definitiv kein Frauending. Es waren auch einige Männer dabei, etwa im Verhältnis 1:2. Die Männer braucht man auch, um mehrstimmig zu jodeln und so witzige Dinge wie den Frauen-Männer-Dialog hinzubekommen, wo die Frau singt, der Mann solle nach Hause kommen und der Mann mit „Halts Maul“ antwortet ;).
Na das sorgte mal heute für den Schmunzler des Tages – klasse! Und, wirst du es vertiefen. Ich denke das Gemeinschaftsgefühl und das herrlich Panorama beflügelten euch zum Jodeln – seeehr fein!
Große Klasse, liebe Sonya!
Ich habe tatsächlich auch mein Jodeldiplom gemacht – an zwei Abenden, die von der Stadt München im Hofbräuhaus organisiert wurden und rappelzappel“ausverkauft“ waren (die Teilnahme war kostenlos). Ich war auch überrascht, wie viele Männer dabei waren und wie bunt durchgemischt die Gäste waren hinsichtlich des Alters, der Jodelerfahrung (die meisten waren Frischlinge) und auch hinsichtlich der Bayuwarität ihrer Bekleidung – da war ois dabei! Und auch wir mussten gleich vor Publikum (viele Asiaten und Amerikaner) „auftreten“ – im gut schallenden Hofbräuhaus.
Bei Euch muss es noch ein bissl schöner und erhabener gewesen sein – bei dem Panorama und dem Wetter!
Mit einem fröhlichen Hollareidiriaho von Tal zu Berg grüßt dich sonnig jodelnd die Catharina